Friede braucht Gerechtigkeit

"Zum unendlich großen Leid der Menschen in Gaza kommt nun noch das der Bevölkerung in Israel und im Iran.“ Mit Worten, die betroffen machen, startete Renata Schmidtkunz in die diesjährige Fronleichnamsakademie in Graz. An einem Frühlingstag im Vorjahr sei sie seitens der Katholischen Aktion (KA) Steiermark als Moderatorin angefragt worden, erzählt die bekannte ORF-Journalistin und Filmemacherin. Kurz davor veröffentlichte das Gesundheitsministerium in Gaza folgende Zahlen: Mehr als 32.000 Menschen, darunter 13.000 Kinder, waren innerhalb eines halben Jahres im so genannten Gazastreifen getötet worden, und über 75.000 verletzt.
Gewaltfreier Widerstand für alle
Ukraine, Palästina, Israel oder Iran: Wer täglich Medien konsumiert, braucht Resilienz. Auf fünf der sieben Kontinente wird derzeit gekämpft; lediglich in Australien und in der Antarktis schweigen Waffen.
Auf die Frage, wie es den drei Referent:innen in Bezug auf die vielfachen Krisen weltweit gehe, sagt Kathrin Stainer-Hämmerle, dass sie all jene verstehe, die angesichts der Informationsflut Medien verweigern würden. Das Vertrauen in Institutionen nehme ab, die Gesellschaft werde immer weniger als gerecht empfunden – vor allem von jungen Menschen, so die an der Fachhochschule Kärnten in Villach lehrende Politikwissenschafterin. Sinkende Geburtenraten oder die Tatsache, dass weniger Berufsausbildungen abgeschlossen würden, seien Indizien für fehlendes Vertrauen in die Zukunft. Individualisierung sei gut, aber genauso wichtig sei, gesellschaftlich gemeinsame Werte zu entwickeln. Die einfachste Form, in Demokratien gewaltfrei Widerstand zu üben, besteht für Stainer-Hämmerle darin, wählen zu gehen.
Gerechtigkeit statt faulem Frieden
Davor, einen Frieden einzugehen, der weder die Konfliktursachen beseitigt noch die Konfliktparteien berücksichtigt – davor warnte Theologe Wolfgang Palaver. Ein solcher „fauler“ Friede stinke in der Nase Gottes, so der OSZE-Sonderbeauftragte und Präsident von Pax Christi Österreich. Dass bewaffnete Konflikte weltweit seit 2011 wieder steigen, weiß Friedensforscher Maximilian Lakitsch. Nach Pandemie und zunehmenden Kampfhandlungen würde bei jungen Erwachsenen das Gefühl des Nicht-Gehörtwerdens vorherrschen, so der Universitätslehrende. Dem schließt sich eine Besucherin des Abends inhaltlich voll an. „Ich bin wütend und enttäuscht“, meldet sich eine Studentin zu Wort und wird kurzerhand von Moderatorin Renata Schmitdkunz aufs Podium gebeten.
Friede beginnt dabei, anderen zuzuhören. Und kein Friede ist möglich ohne Gerechtigkeit – darin sind sich alle am Podium einig. Vor allem angesichts eines Weltgeschehens wie dem gegenwärtigen.
Sonntagsblatt, Anna Maria Steiner